Kindesunterhalt
Unterhaltspflicht und Umgangs-Modell
Ob und in welchem Umfang ein Elternteil verpflichtet ist, Unterhalt für sein Kind zu zahlen, hängt teilweise vom vereinbarten Umgangs- und Betreuungsmodell ab. Das herkömmliche Residenzmodell, bei dem das Kind vorwiegend im Haushalt eines Elternteils lebt und dort von diesem überwiegend betreut und versorgt wird, bildet die Basis für die gesetzliche Vorgabe, dass der andere Elternteil seine Betreuungs- und Unterhaltspflicht als Barzahlung leisten muss. Das Gesetz regelt, dass derjenige Elternteil, bei dem ein gemeinsames Kind getrennt lebender Eltern in der Hauptsache wohnt, einen Anspruch auf Unterhalt vom anderen Elternteil hat. Betreut ein Elternteil überwiegend bei sich ein kleines Kind, kann dies sogar zur Pflicht für den anderen Elternteil führen, Ehegattenunterhalt an den Elternteil zu zahlen, der das kleine Kind betreut.
Unterhaltspflicht bei paritätischer Betreuung
Trotz der nahezu paritätischen Betreuung des Kindes durch beide Elternteile beim Wechselmodell oder beim Nestmodell ist aber die Unterhaltspflicht auch hierbei nicht völlig aufgehoben. Sie besteht vielmehr für beide Elternteile gegenüber dem Kind weiter. Bei einem unterschiedlichen Elterneinkommen ergibt sich eine unterschiedliche Beteiligung am Unterhalt. Das Einkommen beider Eltern zusammengezählt dient als Grundlage für die Berechnung des kindlichen Unterhaltsbedarfs. Prozentual nach diesem Gesamteinkommen muss der besser verdienende Elternteil in größerem Umfang zum Unterhalt des Kindes beitragen.
Berechnungsgrundlage
Die Oberlandesgerichte, in Berlin des Kammergericht, haben Leitlinien entwickelt: Vom Alter des Kindes und der Höhe des Einkommens des zur Unterhaltszahlung Verpflichteten hängt die Höhe des monatlich an das Kind zu zahlenden Unterhalts ab. Im Regelfall verwenden die höchsten Zivilgerichte als Grundlage die sog. Düsseldorfer Tabelle, um den monatlichen Unterhalt zu ermitteln.
Zunächst wird das durchschnittliche monatliche Nettoeinkommen des Unterhaltspflichtigen herangezogen, in der Regel das der letzten 12 Monate. Dabei ist es nicht maßgeblich, ob dieses Einkommen voraussichtlich auch in den nächsten 12 Monaten erreicht werden wird, von Ausnahmen abgesehen. Ggf. wird ein 13. Monatsgehalt durch 12 Monate geteilt und dem Monatslohn/-gehalt hinzugerechnet. Von diesem Bruttoeinkommen des Verpflichteten werden Steuern abgezogen und Steuererstattungen hinzugerechnet. Weiter hinzu gerechnet werden meist zu einem Drittel Auslösungen, Spesen u.ä. Darüber sind die Gerichte jedoch uneins. Eine einheitliche Verfahrensweise gibt es nicht.

Minderung und Erhöhung
Von diesem Durchschnittseinkommen werden dann Kosten abgezogen, z.B. für die Anschaffung und Reinigung von Berufskleidung, Gewerkschaftsbeiträge oder Ausgaben für Fachliteratur. In der Regel ist abzugsfähig, was auch steuerlich abgezogen werden kann. Nicht abzugsfähig wäre z.B. Kleidung zum Repräsentieren, wie z.B der „feine Anzug“ eines unterhaltspflichtigen Rechtsanwalts. Hat der Unterhaltspflichtige noch zum Zeitpunkt der Trennung einen Kredit aufgenommen, so kann er angemessene Rückzahlungsraten von seinem bis dahin errechneten Einkommen abziehen. Dagegen erhöht sich das Einkommen eines Unterhaltspflichtigen um den „Wohnvorteil“, wenn er keine Miete zahlt, weil er z.B. im eigenen Haus wohnt. Rückzahlungen für eine Hypothek mindern andererseits einen solchen Wohnvorteil. Zum Einkommen zählen auch andere Einkünfte, wie z.B. Zinseinkünfte aus Vermögen, Mieteinnahmen, Renten u.ä. Bei Beamten oder Arbeitnehmern wird das für die Unterhaltsberechnung zugrunde liegende Jahreseinkommen schematisch ermittelt.
Berechnung bei Selbstständigen
Für Selbständige ist die Ermittlung der Unterhaltshöhe häufig schwieriger. Regelmäßig bildet hier eine Gesamtschau des Einkommens der letzten 3 Jahre die Grundlage der Berechnung. Für das jeweils zurückliegende Kalenderjahr behilft man sich dabei häufig mit betriebswirtschaftlichen Auswertungen oder Einnahmen-Überschuss-Rechnungen, da für diesen Zeitraum meist noch kein Steuerbescheid vorliegt und die Steuererklärung für das laufende Kalenderjahr noch nicht fällig ist. Bei Selbstständigen gelten, ähnlich wie bei Arbeitnehmern, zahlreiche Besonderheiten und Ausnahmen. Jedoch folgen die Gerichte unterschiedlichen Grundsätzen. Was in Berlin gilt, muss nicht auch in Bayern gelten.
Unterhaltsvorschuss vom Jugendamt
Sofern ein(e) Unterhaltspflichtige(r) nicht sämtliche finanziellen Verpflichtungen gegenüber allen unterhaltsberechtigten Personen erfüllen kann, sind nach dem Gesetz minderjährige oder privilegierte volljährige Kinder vorrangig unterhaltsberechtigt. Wenn es um Kindesunterhalt geht, kann der Elternteil, bei dem ein Kind lebt, beim Jugendamt Unterhaltsvorschuss beantragen. Seit die Staatskassen deutlich leerer werden, setzen die Behörden vermehrt darauf, die Einkommensverhältnisse von Unterhaltspflichtigen zu recherchieren, um diese in die Verantwortung zu nehmen.
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Pflicht zur Erwerbstätigkeit
Sofern Sie als Unterhaltsschuldner vermindert oder gar nicht leistungsfähig sind, ist es an Ihnen, dies glaubwürdig darzulegen und zu beweisen. Dabei kommt es nicht nur auf Ihre Vermögenssituation an oder darauf, welches Einkommen Sie momentan erzielen. Vielmehr wird das Augenmerk darauf gerichtet, wieviel Sie verdienen könnten, wenn Sie sich nach Kräften bemühten. Es wird von Ihnen erwartet, dass Sie unter Berücksichtigung Ihrer persönlichen Fähigkeiten Ihre Erwerbsfähigkeit bestmöglich einsetzen. Sonst kann es Ihnen passieren, dass das Gericht Ihnen ein fiktives Einkommen berechnet, das sich an Ihrem letzten (Vollzeit-)Verdienst orientiert. (Beschluss des Kammergerichts Berlin vom 14.04.2015 – 13 WF 59/15)
Dies können Sie ggf. verhindern, wenn Sie intensive Bemühungen um eine Vollzeit-Arbeitsstelle nachweisen. Einigen Gerichten halten es da z.B. für erforderlich, dass sich ein arbeitsloser Unterhaltsschuldner ca. 20 – 30 mal pro Monat über einen längeren Zeitraum um eine solche Stelle bewirbt. Solange der Unterhaltsschuldner nur eine halbe oder Drei-Viertel-Stelle hat, ist er lt. BGH-Entscheidung vom 24.09.2014 (Aktenzeichen (XII ZB 111/13) verpflichtet, eine weitere Nebentätigkeit anzunehmen.
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Selbstbehalt
Der Selbstbehalt soll das Existenzminimum eines Unterhaltspflichtigen sichern. Dieser Betrag, der den Eigenbedarf darstellt, muss ihm verbleiben vor Abzug aller Unterhaltsverpflichtungen. Es kann jedoch geprüft werden, ob es einen mit dem Unterhaltspflichtigen zusammen lebenden neuen (Ehe-)Partner gibt, der (die) mit einem eigenen höheren Einkommen zum gemeinsamen Lebensunterhalt beiträgt. Ist das der Fall, kann der Selbstbehalt des Unterhaltspflichtigen um bis zu ca. 25 % gesenkt werden. Seit 2024 beträgt der volle Selbstbehalt bei Erwerbstätigen 1450.- €, bei nicht Erwerbstätigen 1200.- €.
Für geschiedene erwerbstätige unterhaltspflichtige Eltern, sowie für Mütter und Väter nichtehelicher minderjähriger oder privilegierter volljähriger Kinder gilt ein notwendiger Selbstbehalt von 1600.- € (das Existenzminimum). Sofern sie nicht erwerbstätig sind, verbleibt ihnen seit 2024 ein Selbstbehalt von 1475.- €. Darin sind jeweils 520.- € Wohnkosten (Warmmiete incl. NK) enthalten.
Unterhaltsschuldnern volljähriger, nicht privilegierter Kinder wird ein etwas höherer Selbstbehalt zugestanden. Seit 2024 beträgt deren Selbstbehalt 1750.- €, incl. Wohnkosten.
Ein Unterhaltsanspruch entfällt für Beide Elternteile, sobald ein Kind (auch ein minderjähriges) ausreichend eigene Einkünfte hat, um sich selbst zu versorgen. Er entfällt auch, wenn der Unterhaltspflichtige selbst so geringe Einkünfte hat, dass sie den Selbstbehalt nicht überschreiten. Darin liegt die Grenze der Leistungsfähigkeit beim Unterhalt. Das Existenzminimum von Unterhaltsschuldnern muss gesichert bleiben.
Unterhalt während eines freiwilligen sozialen Jahres?
In der Rechtssprechung ist es umstritten, ob während der Zeit, in der das Kind einen Freiwilligendienst leistet, für die Eltern eine Pflicht zur Unterheitsleistung besteht. Es überwiegen gerichtliche Entscheidungen, nach denen Unterhaltsansprüche von Kindern während eines freiwilligen sozialen Dienstes zurückgewiesen werden, es sei denn, dieser Dienst ist eine notwendige Voraussetzung für die angestrebte Berufsausbildung.
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Unterhaltsansprüche volljähriger Kinder
Nach § 1610 Abs. 2 des BGB schulden Eltern ihren Kindern über die Vollendung des 18. Lebensjahres hinaus weiterhin Unterhalt während einer Schul- oder Berufsausbildung. Ihren Anspruch auf Unterhaltszahlung der Eltern müssen volljährige Kinder selbst geltend machen. Zur Unterhaltszahlung sind bei volljährigen Kindern beide Elternteile verpflichtet. Sind die Eltern (noch) verheiratet (auch wenn sie sich scheiden lassen wollen und bereits getrennt leben), müssen sie grundsätzlich gemeinsam diesen Unterhalt zahlen.
Sofern die Eltern geschieden sind, verliert mit dem Eintritt der Volljährigkeit des Kindes die Betreuung durch den Elternteil, bei dem das Kind bis anhin wohnt, seine Bedeutung als Unterhaltsleistung. Da die Eltern ab dem vollendeten 18. Lebensjahr des Kindes nicht mehr sorgeberechtigt sind und damit nicht mehr über dessen Geld verfügen können, hat der Sohn, bzw. die Tochter einen Anspruch auf Barauszahlung des Unterhalts. Beide (geschiedenen) Elternteile sind gleichrangig unterhaltspflichtig. Um bei ihnen die Höhe des Unterhalts für die volljährigen Kinder zu ermitteln, wird das Einkommen beider Elternteile zusammengerechnet. Bei der Berechnung der Anteile werden jedoch die jeweiligen Einkommens- und Vermögensverhältnisse berücksichtigt.
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Privilegierte, volljährige Unterhaltsberechtigte
Es wird unterschieden zwischen privilegierten und nicht privilegierten volljährigen Unterhaltsberechtigten Privilegierte volljährige Kinder erhalten ebenso vorrangig Unterhalt wie minderjährige Kinder. Ihnen wird ein Vorrecht bei der Unterhaltszahlung vor allen anderen, ggf. ebenfalls Unterhaltsberechtigten eingeräumt. Sie stehen in der Rangfolge stets auf Platz 1. Volljährigen Kinder die zwar noch in Ausbildung sind oder noch studieren, die aber nicht (mehr) alle Kriterien für die Privilegierung erfüllen, stehen auf Platz 2 in der Rangfolge der Unterhaltsberechtigten.
Als privilegiert unterhaltsberechtigt gilt ein unverheiratetes, volljähriges Kind, wenn es sämtliche DREI folgende Kriterien erfüllt: (§ 1603, Absatz 2, Satz 2)
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Es lebt im Haushalt der Eltern, zumindest eines Elternteils
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Es befindet sich noch in Ausbildung, geht noch zur Schule oder studiert
Nicht privilegiert, jedoch unterhaltsberechtigt, ist ein unverheiratetes volljähriges Kind, das nicht (mehr) sämtliche 3 Kriterien erfüllt, sich aber immernoch in Ausbildung befindet oder noch studiert und noch keinen berufsqualifizierenden Abschluss erreicht hat.
Wenn Unterhaltsberechtigte heiraten ...
... geht die Verantwortung, für deren Unterhalt zu sorgen, vorrangig auf den/die Ehegatten(in) über. Die Eltern sind damit nicht mehr unterhaltspflichtig. Das Alter des Kindes spielt hierbei keine Rolle. Lässt sich das Kind wieder scheiden, lebt allein dadurch die Unterhaltspflicht der Eltern nicht wieder auf. Ist der (die) Ehegatte(in) des Kindes jedoch nicht oder nur teilweise leistungsfähig (um für den Unterhalt des Ehegatten welche(r) sich noch in Ausbildung befindet, bzw. noch studiert, zu sorgen, z.B., weil er/sie sich selbst noch in Ausbildung befindet), haften womöglich ersatzweise doch wieder die Eltern. Das Unterhalt einfordernde Kind muss dann allerdings die Leistungsunfähigkeit seines(r) Ehegatten(in) beweisen. Stellt sich in diesem Zusammenhang heraus, dass der Ehegatte aus eigenem Verschulden leistungsunfähig ist, kann für ihn/sie ein theoretisch erzielbares Einkommen bestimmt werden, was eine Haftung der Eltern wiederum ausschließt.
Ich errechne gern für Sie etwaige Unterhaltsansprüche, die sich aufgrund Ihrer individuellen Voraussetzungen ergeben. Schreiben Sie mir am besten zuerst eine E-Mail, um Kontakt zu mir aufzunehmen!
2 Formuare zur Kindschaft: